Freitag, 29. Dezember 2017

29.12.2017 Karneval und Kontemplation

Ohne krasse Träume und noch erfrischt von der Dusche am Abend wache ich auf und mache mich um 7 Uhr auf den Weg zu Eucharia, der ich versprochen habe ihr Laptop zu reparieren. Vorher gehe ich noch bei Erasmus vorbei und hole mir die Tastatur wieder ab. Dabei erfahre ich, dass wir gestern bei unserer Wanderung Erasmus‘ Elternhaus gestreift haben und er ist ganz traurig, dass wir nicht bei seinen Eltern reingesehen (ich kenne kein gute Übersetzung für “to come and greet”) haben.

An der Tür des Agricultural Training Office

Eucharia ist leider erst um fünf vor halb neun aufgetaucht und es tat ihr wirklich leid das vergessen zu haben. Ich bin so was von entspannt, aber das wäre nicht so gewesen, wenn ich an ihrer Stelle gewesen wäre. Daher tat sie mir wirklich leid (das ist der Moment wo man in Lamnso „ashia“ sagt ;). Wir haben dann nichts mehr gemacht und ich bin zurück den Berg hoch zum Pastoral Center, weil um neun Uhr der Gottesdienst und die Weihnachtsfeier beginnen sollte. Ich hatte mich um neun Uhr mit den Mädels dort verabredet, aber auch sie kamen nicht. Ich habe auf Nachfrage erfahren dass der Gottesdienst frühestens um 10 Uhr beginnt. Also bin ich zu ihnen gegangen und sie haben mir erzählt das Eucharia sie angerufen hat, der Gottesdienst beginnt erst um elf Uhr. So ist das wenn man in der heutigen Zeit offline ist.

Nach einem ausgiebigen Frühstück mit Weißbrot, Margarine und Marmelade gehen wir zum Gottesdienst. Zu dieser Weihnachts- und Jahresabschlussfeier sind (außer dem Chor der Kathedrale) nur geweihte Menschen eingeladen. Da wir keine richtige Einladung bekommen haben (Bischof George hat uns nach dem Weihnachtsgottesdienst abgepasst und uns mündlich eingeladen) fühlen wir uns einigermaßen fehl am Platz, obwohl wir doch einige der Anwesenden kennen. Flora hat heute ab sechs Uhr den Gottesdienstraum im Pastoral Center geschmückt und das Fest vorbereitet, war aber zum feiern nicht da. Ich glaube sie macht das "professionell". Es sind etwa 50 Priester und mindestens genauso viele Ordensschwestern da. Bischof George zelebriert und Predigt.

Das Evangelium erzählt vom alten Simeon, der sein leben lang auf den Retter gewartet hat und ihn dann in einem kleinen Kind erkennt. Bischof George spricht über die anglophone Krise und darüber, dass wir eine Dämmerung erahnen können, wie Simeon das Kind, das Tageslicht ist noch verborgen. Er ermahnt alle dringend, nicht eine politischen Position oder Partei zu unterstützen sondern konsequent auf dem Pfad der Gewaltlosigkeit und der Versöhnung zu bleiben. Heute morgen habe ich im Caritas Office eine coole Karikatur gefunden, die schön zum Ausdruck bringt, wie sich die Menschen in der NW-Region fühlen müssen


Der Chor singt auch nach dem Gottesdienst, denn es folgt eine Feierstunde mit Aufführungen, die uns doch sehr an den deutschen Karneval erinnern. Die Daughters of the devined Zeal (die mit dem Steinofen im Hof) moderieren den Nachmittag. Die Kindergruppe der „Little Lambs of Marie“ bringt eine herzerweichende Weihnachtsperformance mit extremem Unterhaltungswert. Für alle, die den Messiah schon mal auf Englisch gesungen haben:



Und für die krasse Musikalität der kleinen Leute



Am Ende tanzt der Bischof bei der Zugabe mit. Der Chor singt zwei Kirchen Songs zu einer bayrischen Marschmusik. 



Ich konnte nicht anders und habe es mit dem handy gefilmt. Der Chor hat das eine oder andere Problem mit der Intonation, aber sie singen so kräftig und mit Spaß dass einem das Herz aufgeht. Selbst beim auf-die-Bühne-gehen wird die Zeit ausgenutzt



Ich wünsche meinem Bruder Christof auf jeden Fall einmal dieses Erlebnis, denn sie haben beim von der Bühne gehen Ziahama gesungen, was ich auch vom Bauschheimer Gospelchor kenne.

Der Kathedrals Choir

Danach gibt es Essen für alle. Das volle Programm der traditionellen Gerichte in Kumbo und auf den Tischen stehen Wein und Bier im Überfluss. Ab und zu ist auch eine Limo zu sehen. Wir treffen den Pfarrer der neuen Revers-Freiwilligen und wir geben ihm die zwei Päckchen für die beiden mit. Ich habe ihm angeboten mich gerne mit Ihnen zu treffen - hier oder natürlich später in Wicker. Ich spreche noch kurz mit Father Oliver und Father Marcel, lange mit einem Father der gebürtig aus Indien kommt. Wir haben über die verschiedenen Religionen und Kulturen in Indien, Europa und Kamerun philosophiert und viel gelacht.

Nach dem Fest nehmen uns die „Sisters of Marie Morningstar“ mit nach Romajay. Dort waren die beiden während der Krisentage Anfang Oktober und sie kennen sich alle sehr gut. Ich hatte für Sr Mirijam Dominique ja zwei Päckchen mitgebracht und da hatten sie uns für heute eingeladen.

Wir fahren zu siebt in ihrem normalen Auto zu ihren Konvent, was wunderschön auf dem Nachbarhügel liegt. Vier sitzen hinten, Eli und ich vorne und Sr Theresia Imatakulata fährt. Festhalten. Da ging es wirklich ab. Wir halten noch kurz auf einer Kreuzung an um noch Umschläge zu kaufen, denn die Schwestern möchten mir noch Briefe für die deutsche Post mitgeben. Alle raus, und wieder rein. Aber genau so habe ich mir nach den Erzählungen die Basketballspielenden Sisters vorgestellt.

Im Konvent gibt es noch etwa vier Novizinnen, die zwar im Gottesdienst waren aber nicht zum Essen eingeladen waren. Eli und Christina übereichen jeder von ihnen ein Tütchen Plätzchen und ein selbstgestaltetes Taize Liederbuch mit Gebeten von Frère Roger. Auf dem Cover sieht man eine Basketball spielende Schwester. Sie freuen sich sehr und führen uns alle gemeinsam durch ihre Räume, genießen den spektakulären Blick auf Kumbo, schauen die Feuerküche,  die Tiere, die Werkstätten für Kerzen, Medizin und Seifen an. Der kleine Kater folgt uns auf Schritt und Tritt und soll es irgendwann mal mit den Ratten aufnehmen. Sie haben keinen Anschluss an die Wasserleitung und natürlich schon gar kein warmes Wasser. Daher steht in der Feuerküche immer ein großer Topf Wasser auf dem Feuer. Das Holz dafür lagert in einem Schuppen daneben, sie müssen es kaufen. Sie sind so lustig, originell und herzerwärmend.

Wir setzen uns in den Gemeinschaftsraum und sie stellen uns viele Fragen zu Deutschland und der Kirche dort, den Sorgen und Herausforderungen, zu Ansichten und Aussichten. Wir reden bis es draußen Stock dunkel ist und wir singen noch „Maria durch ein Dornwald ging“ und „Es ist ein Ros‘ entsprungen“ mit der mitgebrachten Gitarre und übersetzen den Text. Wir gehen dann in die Kapelle zur Anbetungsandacht. Das ist ganz ähnlich wie in Taize nur viel lustiger. Die Schwestern kommen aus ganz vielen verschiedenen Ländern und sprechen verschiedene Sprachen. So ist das Gebet auch in mindestens fünf Sprachen gehalten. Wir bringen unsere Kerzen nach vorne zur Krippe es gibt Bibeltexte und ganz viele Lieder. Wir singen Weihnachtslieder aus allen Ländern. Bei einem afrikanischen werden jeweils die Namen der Anwesenden aufgerufen. Die/derjenige steht auf und tanzt für das Jesuskind, es war so anrührend und lustig, wir haben natürlich mitgemacht. Es folgt die Anbetung, die mich von der Stimmung her sehr an die Stille in Taize erinnert. Schließlich bekommen wir noch ein europäisches Abendessen gemacht und dann fährt und Sr Miriam Dominique um 21 Uhr bis nach Hause vor die Tür.

Was ein Tag voller Feiern und Gesprächen, Begegnungen. Bishop Geaorge hat wirklich gut und engagiert gepredigt, auch wenn es für die pastoralen Mitarbeiter mit ihren Beziehungen zu den Menschen vor Ort eine Herausforderung sein wird politisch neutral zu bleiben. An der Musik und der Stimmung beim Gottesdienst von  Flora und Didimos in Melim kommt nach meinem Geschmack keiner der anderen vorbei. Aber auch die Schwestern von Romajay habe eine wirklich wunderschöne Lebensweise und Liturgie. Obwohl sie ein betender Orden sind, sind sie doch auch so gastfreundlich und weltoffen. Ich bin dankbar.