Montag, 18. Dezember 2017

18.12.2017 von Yaoundé nach Foumban

Nach dem aufwachen weiß ich erst mal gar nicht wo ich bin. Eli ist so erkältet dass sie keine Stimme mehr hat und sie versucht sich mit Naseputzen vergeblich Luft zu verschaffen. Gestern Abend habe ich noch eine nicht ganz tote Schabe auf den minikleinen Balkon gebracht, aber eigentlich ist alles gut. Die Wandfarbe ist trotz der Wasserflecken noch erkennbar. Es gibt einen Kühlschrank, den ich erfolgreich einschalte und den Käse und die Schokolade aus dem Handgepäck darin verstaue. Für kamerunische Verhältnisse sogar sehr gut wie ich noch merken sollte.

Der Blick aus dem Fenster

Frühstück 9 Uhr mit Milchpulver, Kaffee, Hühnchen und Spiegelei. Da stehen auch Knoblauchzehen bereit und eine Margarine im 900 Gramm Eimer. Es gibt Baguette und ich habe richtig Hunger da wir gestern nur noch ein paar von Christina und Elis selbst gemachten Plätzchen gegessen haben.

Die Mädels bezahlen die vier Zimmer. 10.000 Francs pro Zimmer, ich beginne zu rechnen, werde aber von Eli zurecht gewiesen: "Vergiss es, man kann das hier nicht in Euro rechnen. Es gibt hier andere Preise, daran gewöhnst du dich noch". Father Zeph bat uns gestern noch Philip und Christa in die Liste zu schreiben, damit er ggf. auf nachfragen der Polizei beweisen kann dass sie diese Nacht hier waren. Auf dem durchlaufend nummerierten Block mit den Rechnungen/Quittungen waren hinter uns aber schon andere Personen eingecheckt worden, also haben wir es gelassen.

Christas Mutter arbeitet in Yaoundé und sie möchte noch Sachen von ihr übernehmen. Brain versucht auf unseren Wunsch jemanden aufzutreiben, der meine Euros in kamerunische Francs tauschen kann. Wir vereinbaren irgendeine Uhrzeit, aber da unklar ist wann wir die drei mit dem Auto wiedersehen, gehen Christina, Eli und ich in die nahegelegene Basilika.


Die Basilika ist ein beeindruckendes Gotteshaus für mehr als 1.000 Menschen. Man kann wie in Taize die hinteren Wände öffnen, so dass der riesige Platz vor der Kirche den Kirchenraum erweitert. Das Dach kragt weit aus und die Wasserspeier füllen in der Regenzeit sicher die großen Becken darunter. Außen sind die sieben Sakramente in 10 Meter hohen Keramikrelieffs dargestellt - ganz in der afrikanischen Art. Die Ehe zeigt zum Beispiel ein älteres Ehepaar vor ihrer Hütte mit ihren schon erwachsenen Kindern, vielleicht auch Freunden, wie sie sich um Feuer, Tiere, Essen kümmern und sich gegenseitig unterstützen. Wie in einer Kathedrale gibt es eine goldene heilige Pforte, die von außen durch einen großen Gitterkäfig geschützt ist. An ihr beten Menschen, die dabei ihre Stirn auflegen. Kleine Zettel hängen in Marias Krone. Ein kleines Kind wartet geduldig eine lange Zeit darauf dass ihre Mutter fertig wird. Der Innenraum ist in einem Halbkreis um den Altar gebaut. Die Sitzreihen haben keine Kniebänke und einen weiten Abstand voneinander. Damit man besser am Platz tanzen kann. Es gibt hier eine Orgel. Sowas haben die Mädels in Kamerun bisher noch nicht gesehen. Über die mächtige Mikrophonanlage beginnt eine Frau für ca. 20 Anwesende den Rosenkranz zu beten.


Wir gehen weiter über die belebte Straße auf den Friedhof und besuchen das Grab von Joseph Ndzinga, dem ersten Bischof von Kamerun, der in Limburg geweiht wurde. Die Gräber sind schmucklos gekachelt und haben teilweise kleine Häuschen darüber. Es gibt in Kamerun keine Urnenbeisetzungen, das können sich die Leute hier nicht vorstellen. Normalerweise wird hier der Müll verbrannt.


Auf dem kurzen Fußweg zurück kaufen die beiden am Straßenrand für 200 Francs nach einigen Verhandlungen ein Plastiktütchen Ananas. Natürlich versuchen die Leute hier zuerst einmal viel zu viel zu verlangen, weil wir Weiße sind und die immer viel Geld haben. Das stimmt ja auch meistens. Es gibt ganz wenige weiße hier. In Yaoundé kam noch eine französische Delegation an die wir beim Frühstück getroffen haben. Aber sonst haben wir überhaupt niemanden anderen mit weißer Hautfarbe gesehen. Alles ist so herrlich pragmatisch und entspannt hier. Ich würde auch einfach hier rumlaufen dürfen ohne dass alle gucken. Vor allem die Kinder können oft nicht anderes als uns zu fixieren so lange wir in Sicht sind. Eigentlich wäre ich hier gerne ein Schwarzer wie die anderen auch. Aber die Ananas waren extrem lecker.


Um 11:30 Uhr geht es dann mit gepacktem Auto durch die Stadt Yaoundé. Der Verkehr ist chaotisch aber nicht aggressiv. Im Regierungsviertel direkt gegenüber von Hilton tauschen wir bei einem Mann durch das Autofenster zweimal 100 Euro zu einem guten Kurs von 1:660. Das sollte für unseren zweitägigen Aufenthalt in Foumban genügen. Hinten sitzen sie zu viert, was für Fr Francline und seine Versicherung ein Problem darstellt. Wir suchen also beim rausfahren nach einem privaten Bus nach Foumban für Philip. Schließlich finden wir an irgendeiner belebten Stelle an der Ausfallstraße einen Bus in dem schon alle Plätze besetzt zu sein scheinen. Philip zahlt 2500 Francs und verlässt uns.


Jetzt beginnt eine Rallye ähnliche Rennfahrt mit Brain. Oft sind Kühe auf der Straße, auf dem Dach der privaten Kleinbusse, Public Transports, wird haufenweise Gepäck und Sperrgut balanciert und dort ist auch schon mal eine Ziege festgebunden. Leute sitzen auf Ladeflächen und in hinten offenen Autos. Trotz heftiger Turbulenzen schlafen hinten inzwischen die drei Mädels, aber ich kann mich nicht sattsehen am Wald mit seinen riesigen Bäumen, den Bananenstauden, den vielen Kindern die in Scharen zu Fuß entlang der Straße in ihren bunten Schuluniformen nach Hause unterwegs sind. Die uralten qualmenden LKW, Autos und Sanili Bikes fahren hupend total dicht an ihnen vorbei. Alles ist extrem überladen. Vier Personen mit Gepäck auf einem Motorrad ist keine Seltenheit. Auch die Natur ist überladen und üppig. An vielen Stellen brennt es an der Straße und im Wald. Keine Ahnung ob da gerade Müll verbrannt wird oder jemand rodet.


Ich erzähle ab und zu mit Brain und frage ihn alles mögliche. Manchmal frage ich einfach in deutsch und er schaut mich ganz groß an. Mir ist gar nicht mehr bewusst welche Sprache ich nehme. Ich vertraue ihm schon so intensiv dass ich das gar nicht merke. Jemand am Straßenrand hält zum Verkauf ein totes Tier in den Verkehr, bei dem das Fell schon abgezogen ist. Ich frage ob es ein Hase oder eine kleine Ziege war. Wir einigen uns darauf dass es eine kleine Antilope war, da er nicht weiß wie das Tier auf englisch heißt. Er weiß es nur auf Lamnso. Es ist keine gute Idee mit einer Gazelle von der Polizei erwischt zu werden, man wird dafür wegen Wilderei eingesperrt, auch wenn man „es gar nicht war“. Man unterstützt ja damit die Wilderei.


Wir halten schließlich nach drei Stunden in Makenene auf halber Strecke für eine Mittagspause. Der Ort ist eine an die Straße gebaute Raststätte aus vielen kleinen Feuerküchen wo es allerlei gegrilltes und gekochtes gibt. Wir haben lecker gebratenen Fisch gegessen und Christa hat uns Kürbiskernpudding dazu besorgt. Ich habe das erste mal Bobolo gegessen, das eigentlich nur nach etwas schmeckt, wenn man es mit etwas anderem zusammen isst. Plötzlich ist Philip bei uns - sein Bus macht hier auch kurz halt. Kurz sind ca. 5 Minuten.


Unterwegs haben wir noch die Reste eines schweren Unfalls am Tag zuvor gesehen. Man kann kaum glauben dass bei dem Gewusel und Gerase hier nicht mehr Unfälle passieren.



Wir kommen schließlich ziemlich fertig um 18 Uhr in Foumban an. Keiner von uns war schon mal hier, auch Brain nicht. Wir suchen und finden schließlich den Palast. Dort soll laut Fr Francline links ein Hotel sein. Wir fahren einfach mal mit dem schicken Bischofspickup in den Palastvorhof ein und finden einen sehr gut gekleideten jungen Mann. Brain sagt: "Der kann uns helfen".

Er zeigt uns mit einem Bike vorausfahrend den Weg zum Hotel, wo wir uns schließlich wie in Yaoundé vier Standardzimmer für jeweils 15000 für zwei Nächte buchen. Mit den Benzinkosten für zwei Tankfüllungen ist damit mein getauschtes auch schon ziemlich angefressen. Mit dem Mann verabreden wir für denn nächsten Tag 8 Uhr ein Treffen vor dem Hotel. Er besorgt uns einen guten englischen Führer für das Museum des Fons, also des regionalen Königs.

Abends essen wir ohne Brain im Hotel. Er bekommt von uns Geld, denn er isst lieber draußen etwas und trinkt sein Lieblingsbier: Guinness. Wir erzählen über unsere Eindrücke und diskutieren mit den beiden nach einem Jahr frisch aus Deutschland zurückgekehrten kamerunische Religionsansichten. Hier gibt es Baptisten, Katholiken und Muslime, Evanglische, die sich dogmatisch abgrenzen aber doch über Familienbande zusammenfinden. Es geht um Kinderrechte: Christa findet Kinder haben ein Recht auf einen Glauben und das sind Elternpflichten: Eltern haben die Pflicht ihren Kindern einen Glauben zu vermitteln. Sie versteht nicht warum Eltern in Deutschland ihre Kinder so vernachlässigen. Die beiden hätten so gerne einmal einen kamerunischen Gottesdienst in Deutschland gefeiert, aber selbst die Leute in der Jugendkirche Kana wollten das nicht ausprobieren. Die Cherubin und Serafin singen immer, König David muss im Tempel immer tanzen, sonst geht das mit dem Gotteslob bei ihm gar nicht. Klar: Tanzen kann ich auch allein, aber... das ist wie beten alleine. Unser leben sei ein Fest!

Ich habe an diesem Abend Ndole mit Reis gegessen. Das sind Spinat ähnliche Bitter Leaves mit Fisch, und dazu noch Plantains, also frittierte Kochbananen. Das Zimmer hat keine Moskitonetz und die Toilettenspülung funktioniert nicht. Dafür ist der Eimer da, den man an der Dusche vollmachen kann. Ich wasche mir vor dem Schlafen den roten Staub ab. Der Duschkopf funktioniert nicht. Aber das ist auch total unwichtig jetzt. Ein krasser Tag voller Eindrücke.