Freitag, 5. Januar 2018

05.01.2018 Jedem Ende wohnt ein Anfang inne

Am Morgen des 5.1. um 8 Uhr nimmt mich meine Familie in Empfang und wir gehen am Flughafen in Squares zum Alex frühstücken. Ich kann nicht viel erzählen und bin hinlänglich überfordert mit den leckeren Sachen. Ich gebe den Schwestern und Manu die Briefe, die Eli für wie geschrieben hat. Alle müssen weinen, aber es ist nicht wirklich traurig, einfach nur intensiv. Eli schreibt so schön.

Wieder zu Hause. Körperlich.

Der restliche Tag ist geprägt von meiner Müdigkeit, dem Auspacken und Verteilen von Sachen, und meinen spontanen Erzählanfällen wenn mich was überkommt. Meine Mutter macht uns mein Lieblingsessen und zum Nachtisch gibt es die superleckere Ananas aus Yaoundé. Ich besuche nachmittags noch meine Oma, die im Sterben liegt und lese ihr den Brief von Elisabeth, erzähle von den Erlebnissen aus dieser Welt, in der so manche Dinge noch so sind wie bei uns vor 75 Jahren. Da sie ihr leben lang als Schneiderin gearbeitet hat findet sie es richtig interessant als ich davon erzähle wie mir Eli ein maßgeschneidertes Hemd hat anfertigen lassen. Eine motorgetriebene Nähmaschine ist eine totale Seltenheit. Mit meinem Bruder Christof und Naomi singen wir noch etwa fünf Volkslieder mit Gitarre. Oma Ria und ihre Zimmernachbarin sind total begeistert. Oma spricht oder singt den Text mit. Wir beten gemeinsam langsam das Vater unser, da sie das alleine nicht mehr hinbekommt.

Dieser erste Tag gehört mehr nach Kamerun als nach Hause. Als ich um neun Uhr alles für den nächsten Trip in den bayerischen Wald gepackt habe kuschel ich mich in mein Bett und schlafe bis zum nächsten morgen durch.

Mal sehen was bleibt. Ich lese nochmal meinen ersten Eintrag. Also ich hatte ja ganz schön Respekt vor Malaria und irgendwelchen Hygieneproblemen, dem Nichtvertragen irgendwelcher Lebensmittel. Im Endeffekt habe ich nur eine Nacht unter einem Moskitonetz geschlafen - die erste. Ich habe teilweise Leitungswasser getrunken, bin mit den Mädels ohne Helm zu viert mit einem Bike über Staubpisten gebrettert und habe alles probiert, was mir so angeboten wurde. Die Menschen haben mir ihre Tür, ihre Hand und ihr Herz geöffnet und ich habe es ohne sehr gerne genauso gemacht. Wir haben unsere Sorgen miteinander geteilt und sie wurden kleiner, wir haben unsere Freude miteinander geteilt und sie wurde dadurch viel größer.

Ich habe die Kontrolle abgegeben und es ist mir nicht leicht gefallen. Wenn ich etwas im Haus der beiden reparieren oder ändern wollte gab es Gruppenkeile. Hilfe anbieten ist auch schnell mal Übergriff, Vorschläge sind auch Schläge. Aber nach dem letzten Gespräch mit Father Francline und der Möglichkeit über Nachbarn Werkzeug auszuleihen wird in den nächsten Wochen sicher einiges von der Problemliste der Mädels verschwinden.

Ich war offline, zumindest was meine tägliche Email Konversation und WhatsApp angeht. Ich hatte nur selten Internet, ganz nicht wenn ich unterwegs war. Damit waren auch keine spontanen Absprachen möglich. Ich habe das als entspannend erlebt, weil ich nicht so viele Dinge parallel, gleichzeitig denken und bedenken musste. Ich werde aufpassen wie es damit weiter geht, wenn ich wieder allways-on bin. Hier sind die Leute ganz bei denen, die gerade bei ihnen sind. Das geht auch technisch oft nicht anders, denn wenn man so eng aufeinander sitzt oder aneinander hängt ist smartphoning nicht möglich.

Kamerun ist kein Traum, es ist eine andere Realität. Ich spüre Lust diese Erfahrung auch anderen Menschen zu ermöglichen. Allen voran meiner Familie aber auch vielen Freundinnen und Freunden, die weiter denken, sich eine andere als unsere deutsche Denkweise zumuten, sich für eine gerechtere Welt verantwortlich fühlen und sich dafür engagieren, die meine Liebe zur Musik und zum Tanzen teilen. Ich weiß wir sehr auch Eli und Christina diese Leidenschaft für Kamerun empfinden. Gerade deswegen hat sich Eli auch so sehr gefreut: dass ich komme und diese Welt mit ihr teile. Um jemanden zu haben, mit dem sie auch weiterhin darüber erzählen kann, der sie ein bisschen verstehen kann. Ich bin dankbar dafür. Ja, ich möchte sehr gerne wiederkommen. Ich werde wiederkommen. Und mir vielleicht noch eine andere Welt zumuten - Indien, Philipen... Schau mer mal.

Es war kein normaler Urlaub, kein normaler Familienbesuch, es war ein Anteilnehmen, auch eine Pilgerfahrt mit vielen Impulsen für meine Art, meinen Glauben zu leben. Ich habe auch erlebt, wie hilfreich und schön es ist, intensiv erlebtes am Ende eines Tages aufzuschreiben. Vielleicht auch im Wunsch es mit euch zu teilen und damit aus wenig viel mehr zu machen und aus schwerem leichtes. Vielen Dank für deine Mithilfe!

Und nicht verpassen:
http://eli-in-kamerun.blogspot.de
http://notizenauskamerun.blogspot.de